15 Jahre Brückenteam
7.000 Menschen in 5.000 Tagen betreut und dabei 400.000 km zurückgelegt
Am 1. November 2009 nahm das Brückenteam als zweites SAPV-Team (spezialisierte ambulante Palliativversorgung) in ganz Sachsen seine Arbeit auf. Dr. Mechthild Szymanowski, leitende Palliativärztin und Tobias Wilzki, Brückenteamkoordinator, blicken zurück:
Wir wollten Palliativmedizin endlich auch direkt zu den sterbenskranken Menschen bringen und Antworten geben auf Fragen wie: Ist ein Sterben zu Hause möglich? Wie kann es organisiert werden? Wo bekomme ich schnell ein Pflegebett und Medikamente her? Oder ist die Palliativstation im St. Elisabeth-Krankenhaus doch der idealere Ort zum Sterben? Wer schreibt eine Verordnung? Wo kann ich die (wie?) abrechnen? Wie dokumentiere ich meine Arbeit? Da hieß es anpacken und sich selbst erfinden, miteinander sprechen und streiten. Einfach mal anfangen, losgehen mit dem Herz in der Hand, Ideen im Kopf und dem festen Willen, kranken Menschen und ihren Familien beizustehen. Das ging nicht ohne helfende Hände und Verbündete, ohne Ideen und Zusammenhalt aber auch dem Ziehen von Grenzen.
Und im Wachsen und Werden erlebten wir unglaubliche Geschichten. Wir lernten über 7.000 Menschen in ihrem zu Hause kennen - und ihre Angehörigen, Partner und Expartner, Eltern, Kinder, Geschwister, Nachbarn, Enkel, Betreuer… Wir machten uns in zehntausenden Hausbesuchen auf den Weg zu sterbenden Menschen - in schmucken Wohnungen und im Bauwagen, in Pflegeheimen und Gartenlauben, in mondänen Villen und vermüllten Abrisshäusern, auf Bauernhöfen, in WGs und sogar ins Gefängnis. Wir lernten die verschiedensten Menschen in ihrem so unterschiedlichen sozialen Umfeld kennen (offene und verschlossene, mutige und angstvolle, gebrochene und aufrechte, einsame und getragene, ablehnende und dankbare...). Und besuchten mit ihnen auch ihre Haustiere, darunter bissige Hunde und kratzende Katzen… Wir lernten sie zu unterstützen, egal wo sie sind und egal wie sie sind, unabhängig von ihrer politischen oder religiösen Einstellung, unabhängig von ihrer Kultur und Sprache. Bei Tag und bei Nacht, zu Weihnachten und Silvester, an heißen Sommertagen und auf Schlitterpartien im Winter sind wir unterwegs zu ihnen. Wir sprachen über jede/n Einzelne/n, immer wieder, in 750 Teambesprechungen, wir lagen oft wach in über 70.000 Stunden der Rufbereitschaft und fuhren 400.000 km zu ihnen (fast 10x um die ganze Welt!)
Und so sind wir über die Jahre groß geworden, auch als Team, das mittlerweile aus 9 Pflegefachkräften, 3 festangestellten Ärztinnen und 6 Ärztinnen/Ärzte auf Honorarbasis besteht. Auf drei Büroräume verteilen sich 9 moderne Arbeitsplätze. Zu unseren Hausbesuchen brechen wir mit Rucksack und Medikamententasche, mit Laptops und mobilen Druckern auf, manchmal auch mit Ultraschallgerät. Wir blicken auf 15 Jahre Brückenteam, auf 7.000 Menschen, die von uns begleitet wurden und verstorben sind. In all dem Abschied haben wir versucht, fachliche Kompetenz mit menschlicher Nähe zu verbinden und Brücken jeglicher Art zu bauen für all die Menschen, die uns anvertraut wurden. Diese Entwicklung über 15 Jahre hätten wir niemals in so hoher Qualität geschafft ohne vielfältigste Unterstützung von außen. Und so gehen wir voller Zuversicht und Vertrauen, gestärkt von unseren Gesellschaftern und der neuen Geschäftsführerin, in die nächsten Tage, Monate und Jahre, mit klarem Blick, Ideen im Kopf und dem Herzen in der Hand.